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Fakten, die Sie vielleicht noch nicht über den Jugendstil wissen

Ornamente, ungewöhnliche Farben und Formen, inspiriert von der Natur – der Jugendstil öffnete nicht nur die Tür zum 20. Jahrhundert, sondern ebnete auch den Weg für experimentelle Arbeiten und moderne Kunstströmungen. Was macht diesen Kunststil, der auch eine Kollektion von Moser inspiriert hat, so faszinierend?

Unterschiedliche Bezeichnungen in verschiedenen Ländern

Um die Jahrhundertwende beeinflusste dieser Kunststil nahezu alle Bereiche menschlicher Kreativität. Er prägte Malerei, Musik und Dichtung, formte Bildhauerei, Architektur und Möbelgestaltung und inspirierte gleichermaßen Schmuck- und Modedesign. Der Jugendstil fand in vielen europäischen Ländern seine Wurzeln – kein Wunder also, dass er im Laufe der Zeit verschiedene Namen erhielt. In Deutschland und Österreich wurde er als „Jugendstil“ bekannt, mit einem besonderen Wiener Zweig, der „Wiener Secession“. In Italien nennt man ihn „Stile Floreale“. In England beeinflusste die Arts-and-Crafts-Bewegung maßgeblich die Entwicklung des Jugendstils. Am weitesten verbreitet ist jedoch die französische Bezeichnung „Art Nouveau“, benannt nach der kleinen Pariser Galerie „Maison de l’Art Nouveau“.

Eine Verbindung von Handwerk, Emotion und Schönheit

Industrieprodukte müssen nicht immer schlicht und rein funktional sein – davon waren auch die Mitglieder der britischen Arts-and-Crafts-Bewegung überzeugt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzten sie der industriellen Revolution eine Rückbesinnung auf die Volkskunst und das handwerkliche Können mittelalterlicher Meister entgegen. So entwarf der britische Textildesigner William Morris beispielsweise dekorative, florale Muster, die später zum Leitmotiv der angewandten Kunst des Art Nouveau wurden. Der Jugendstil entstand zunächst als dekorativer Stil und entwickelte sich erst später zu einer neuen Ausdrucksform der Bildenden Kunst und Architektur. Er trug entscheidend dazu bei, die Grenzen zwischen freier und angewandter Kunst aufzuweichen. Der Vater von Gustav Klimt war übrigens Goldschmied – eine Tatsache, die den Maler inspirierte, in seinen Porträts goldene dekorative Flächen zu verwenden.

Inspiration aus botanischen Illustrationen und japanischen Holzschnitten

Lilien, Schwertlilien, Tulpen, Seerosen oder Mohn – typische Blumenmotive auf Art-Nouveau-Vasen verdankten ihre Beliebtheit auch der Arbeit botanischer Illustratoren. Vor der Erfindung der Fotografie war die botanische Illustration die einzige Möglichkeit, Pflanzenarten und andere Organismen visuell festzuhalten. Zu denjenigen, deren Werke andere Kunstschaffende inspirierten, gehörten Pierre-Joseph Redouté, Maler und Botaniker am Hofe Marie Antoinettes, sowie der deutsche Naturforscher und Künstler Ernst Haeckel, der der Welt Zeichnungen von zuvor unsichtbaren mikroskopischen Organismen präsentierte. Die Künstler des Art Nouveau ließen sich außerdem von der Technik des japanischen Holzschnitts inspirieren, die die Natur mit klaren, präzisen Linien darstellt.

Die Art-Nouveau-Kollektion von Moser

Die Art-Nouveau-Vasen von Moser mit floralen Motiven sind ein eindrucksvolles Beispiel für die Kunstfertigkeit der Glasbläser, Schleifer und Graveure aus Karlsbad, die ihre meisterhafte Technik stetig perfektionieren. Vasen in vielfältigen Formen aus Kollektionen wie Chrysis, Calla oder Lara sind mit einer Fülle fein gravierter Blüten verziert – von zarten Rosen und Hibiskus über Lilien und Hortensien bis hin zu prächtigen Schwertlilien. Ihre sanften Farbverläufe, inspiriert vom natürlichen Licht und den Farben der Natur, verleihen jedem Interieur einen Hauch wahrer Kunst.

Linearität und Farben als Träger von Bedeutung

Maler des Art Nouveau verzichteten häufig bewusst auf Skizzen. Die Form in Gemälden wurde vor allem durch klare Linien auf einer flachen, zweidimensionalen Fläche definiert – ganz ohne Schattierungen. Wellenförmige Linien, die den Eindruck von Bewegung erwecken, oder Arabesken, also lineare ornamentale Verzierungen, dominierten in Malerei, Kunsthandwerk und neuer urbaner Architektur. Eine weitere Quelle klarer Linien war das Haar der Frauen. Da sich der Art Nouveau parallel zum Symbolismus entwickelte, spielte auch die symbolische Bedeutung von Farben eine große Rolle. Gelb galt als Symbol für Materie, Sonne, Leben und Freude, während Blau und Grün mit übernatürlichen Eigenschaften assoziiert wurden. Weiß hingegen stand für eine verlorene Hoffnung.

Die Blüte der Frau auf Leinwand und Plakat

So wie Art-Nouveau-Lampen oder -Vasen ein neues Licht in die Innenräume brachten, wurde auch das Bild der Frau als künstlerisches Motiv ästhetisch neu interpretiert. Maler stellten sie als Sinnbild der Schönheit dar, betonten die fließenden Linien ihres Haares und ihrer Körperformen und setzten dies in unterschiedlichsten Bildformaten um. Der tschechische Maler Alphonse Mucha war fasziniert von der Anmut und Würde der Frau, aber auch von ihrer geheimnisvollen Provokation und Exzentrik. In den Gemälden Gustav Klimts erscheinen sie als unabhängige, zugleich ätherische Persönlichkeiten voller Kraft und Leidenschaft. In den dekadenten Zeichnungen des englischen Art-Nouveau-Künstlers Aubrey Beardsley hingegen waren weibliche Figuren von tiefer Sinnlichkeit geprägt. Frauenporträts auf Plakaten kündigten zudem bereits die Ära der modernen Werbeposter an. Sie warben nicht nur für Zigaretten, edle Liköre und Kaffee, sondern auch für Fahrräder oder Bügeleisen.

Kein Material entging der Aufmerksamkeit der Architekten

Der Art Nouveau entwickelte sich vor allem in Metropolen wie Wien, Paris oder Prag. Deshalb begegnete man ihm häufig an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen, in Restaurants oder Cafés. In der Architektur entstanden völlig neue, oft revolutionäre Bau- und Konstruktionsmethoden. Dazu gehörten neue Baumaterialien wie Stahl oder Stahlbeton. Auch dem Glas schenkte man nun mehr Aufmerksamkeit: Schmale Fenster wurden durch große Glasflächen ersetzt. Jugendstil-Glasmalereien oder Mosaike wurden zu charakteristischen Gestaltungselementen. Während der Epoche des Art Nouveau orientierten sich Architekten am Konzept des Gesamtkunstwerks – einer Einheit, die Architektur, Malerei, Musik und Dichtung vereinte.

Der Erfolg des Art Nouveau mit der Weltausstellung in Paris

Seinen Höhepunkt erreichte der Art Nouveau im Jahr 1900 auf der Pariser Weltausstellung, bei der auch die Glasmanufaktur Moser ihre Kollektion präsentierte. Die Ausstellung zeigte, wie sich die Prinzipien des Art Nouveau auf nahezu alle Bereiche des menschlichen Lebens und der Kunst anwenden ließen. Sie markierte auch den Beginn des Baus der Pariser Métro und die breite Einführung der Rolltreppe. Mit über 50 Millionen Besuchern wurde sie zu einem Sinnbild kulturellen und technologischen Fortschritts.

Die Glasmanufaktur Moser präsentierte ihre Kollektionen im österreichisch-ungarischen Pavillon des Pariser Grand Palais. Dort zeigte sie dem begeisterten Publikum eine Vielfalt an Techniken zur Formung und Verzierung von Glas – darunter ihre innovativen, tief gravierten floralen Motive auf mehrfarbigen Vasen sowie eine besondere Serie mit dem Namen Karlsbader Secession. Moser zollt dem Erbe des Art Nouveau bis heute Tribut.


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